Lieber ISO-Rauschen als unscharfe Fotos
Kein Sensor ist frei von Rauschen – den Pixeln in falschen Farben, die das Bild unscharf und die Farben flau werden lassen. ISO-Rauschen kommt durch zufällige Stromflüsse in den einzelnen Bauteilen des Sensors zustande.
Eine höhere ISO-Empfindlichkeit verstärkt nicht nur das gewünschte Bildsignal, sondern auch das Rauschsignal. Bei hohen ISO-Einstellungen führt Rauschen zunehmend zu unscharfen Fotos, und die Farben wirken weniger gesättigt und brillant.


Der Unterschied zwischen der Einstellung auf ISO 100 gegenüber ISO 6400 ist im direkten Vergleich gut sichtbar:
Bei ISO 6400 sind die Farben matter, weniger Zeichnung, das Foto ist unschärfer.
Lieber mehr als zuwenig
Tatsächlich ist es weniger das ISO-Rauschen selbst, das Fotos mit hohen ISO-Werte unbrauchbar macht, sondern Farbstiche und Unterbelichtungen im Verein mit einer zu geringen ISO-Einstellung: Farben und Helligkeit lassen sich an Fotos mit ISO-Rauschen nur eingeschränkt korrigieren.
Der automatische Weißabgleich, der bei gutem Licht wirklich gute Dienste leistet, läuft bei schwierigen Lichtverhältnissen schnell aus dem Ruder.



Die Angst vor hohen ISO-Einstellungen richtet mehr Schaden an als ISO-Rauschen.
Die beste Mittel im Vorfeld gegen ISO-Rauschen sind
ein ausreichend hoher ISO-Wert,
eine Belichtungskorrektur um +1/3 bis +2/3 Blenden,
ein guter Weißabgleich.
Die meisten Spiegelreflex- und Systemkameras sowie gute Kompakt- und Bridgekameras haben sowohl einen ISO-Knopf als auch einen WB-Knopf für schnelle Einstellungen auf der Rückseite.
ISO verliert den Schecken
Teil 1 der ISO-Serie: Lieber ISO-Rauschen als unscharfe Fotos
Früher haben wir streng darauf geachtet, die ISO-Einstellung der Kamera auf einem möglichst kleinen Wert zu halten - am liebsten ISO 100. In Fotomagazinen und den Foren lesen wir auch heute noch, dass ISO 100 ein besonders wichtiger Faktor für gute Fotos ist.


Der Vergleich in voller Auflösung stammt noch aus der Canon EOS 7D aus dem Jahr 2009. In den letzten zehn Jahren haben digitale Kameras in Hinsicht auf das Rauschen bei hohen ISO-Einstellungen einen großen Sprung gemacht.
Die hohen ISO-Werte verlieren ihren Schrecken - selbst die Fotos aus dem Handy liefern eine akzeptable Qualität bei ISO 1600 und sind bei ISO 3200 noch brauchbar. Mit Systemkameras oder der Spiegelreflexkamera sind ISO 6400 und ISO 10000 bei Konzerten, in der Kirche und auf Partys besser als verhuschte und unscharfe Fotos. Zudem haben moderne digitale Kameras eine programmierbare ISO-Automatik.
Was vielleicht bei der Verkleinerung des Fotos für den Monitor nicht sichtbar ist: In der 1:1-Ansicht zeigt sich das Rauschen deutlich. Aber wir sollten nicht vergessen, dass wir Fotos nicht 1:1 verwenden.
Wir drucken Fotos in Fotobücher bis zu A4, für das Bild an der Wand in A3 oder A2. Wie weit das Rauschen bei hohen ISO-Einstellungen akzeptabel ist, hängt also auch von der Anwendung der Fotos ab.
Fotografieren mit der programmierbaren ISO-Automatik
Wer also eine moderne Digitalkamera (~ ab 2015) mit ISO-Automatik hat, sollte diese Automatik auch zur Hilfe nehmen – in jedem Fotokurs zeigen wir den Teilnehmern, wie die ISO-Automatik eingestellt wird. Meistens lässt sich eine Grenze angeben: Die Nikon D5100 macht z.B. noch sehr gute Aufnahmen mit ISO 1600 und selbst ISO 6400 ist annehmbar, obwohl sie schon in die Jahre gekommen ist. Allgemein kann man sagen: Je jünger die Kamera und je größer der Sensor, um so weniger sind Fotos vom Rauschen beeinträchtigt. Mit der ISO-Automatik lässt sich auch bestimmen, welche Belichtungszeit wir unserer ruhigen Hand zumuten und welcher ISO-Wert die Obergrenze ist.
Die Kamera wählt die Kombination aus Belichtungszeit und ISO mit Priorität auf einer möglichst kurzen verwacklungsfreie Belichtungszeit bei der kleinstmöglichen ISO-Einstellung. Wird der Grenzwert erreicht, bleibt der maximale ISO-Wert stehen und die ISO-Automatik verlängert die Belichtungszeit.
Wenn eine Obergrenze für die ISO-Einstellung benutzt wird, muss man sich allerdings im Klaren sein, dass die Prämisse der Kamera Lieber verwackelt als verrauscht lauten kann.
Nicht nur die Kameratechnik macht Fortschritte, sondern die Bildbearbeitungssoftware und die eigene Erfahrung im Umgang mit der Rauschunterdrückung ebenfalls. Fotos mit hohen ISO-Werten, die heute den Anschein erwecken, dass sie gleich in den Papierkorb sollten, können wir vielleicht im nächsten Jahr deutlich verbessern.
Tipps für Fotos bei hohen ISO-Werten
In der Sportfotografie sind kurze Belichtungszeiten ein Muss – in der Halle sind Verschlusszeiten von 1/500s oder sogar 1/1000s ohne moderate ISO-Einstellung gar nicht zu erreichen. Selbst das sind noch zu lange Belichtungszeiten, wenn der Sportler groß ins Bild gesetzt werden soll.
Bei hohen ISO-Werten können Unterbelichtungen kaum im Bildbearbeitungsprogramm korrigiert werden, ohne dass dabei in den dunkeln Bereichen des Bildes das Rauschen noch deutlicher wird. Darum sind bei hohen ISO-Werten Belichtungskorrekturen um +1/3 bis +2/3 angebracht.
Wie weit die Belichtungskorrektur gehen kann, hängt von der jeweiligen Kamera ab. Am besten gibt ein regelmäßiger Blick in das Histogramm der Aufnahmen Aufschluss, ob die Belichtungskorrekturen zu einem Verlust in den Lichtern führen.



Ein guter Weißabgleich reduziert Farbkorrekturen, die beim ISO-Rauschen kritisch sind. Wenn ein manueller Weißabgleich nicht möglich ist: Glühbirnen haben eine Farbtemperatur um 3000 Kelvin. Das Mondlicht einer Vollmondnacht liegt zwischen 3000 und 4000 Kelvin.
ISO-Rauschen minimieren
- Belichtungskorrektur um +1/3 bis +2/3 Blende – »Belichten auf die Lichter«
- manueller Weißabgleich, um Farbkorrekturen zu vermeiden
- Bei zweifelhaften Lichtverhältnissen RAW-Format fotografieren
Rauschen entfernen / reduzieren im Bildbearbeitungsprogramm
Nur nicht auf die Rauschunterdrückung im Bildbearbeitungsprogramm setzen und unterbelichten, um durch kürzere Belichtungszeiten zu weniger Rauschen zu kommen!
Beim Aufhellen der Tiefen (der dunklen Bereiche im Foto) kommt mehr Rauschen zum Vorschein als bei einer höheren ISO-Einstellung.
Grenzen des eigenen Anspruchs
Wo die Grenze für die ISO-Einstellung liegt, muss jeder Fotograf für sich und seine Kamera entscheiden. Das machen wir mit einer kleinen Serie:
- den Raum leicht abdunkeln,
- Kamera auf ein Stativ stellen,
- ISO 100 einstellen
- Foto
und dieselbe Aufnahme mit ISO 1600 und ISO 6400 erfassen. Und warum nicht auch einmal ISO 10000 testen?





Ein gutes Team: Blitz und ISO
Es gibt gerade für Fotos von Festen, Hochzeitsfotos und die Geburtstagsfeier einen schönen Kompromiss: Wir wählen eine ISO-Einstellung, die noch akzeptabel ist und schalten den Blitz dazu.
Durch einen moderaten ISO-Wert wird dem Blitz im Programm A (Zeitautomatik oder Blendenvorwahl) eine geringere Leistung abverlangt, der Blitz reicht weiter und wirkt weicher. Gleichzeitig reduziert der Blitz das Rauschen durch den hohen ISO-Wert.
Ältere Kameramodelle geben u.U. allerdings dem Blitz den Vorzug: Zuerst gibt der Blitz die volle Leistung, erst dann wird ISO zugesteuert.
Dann muss die Blitzbelichtungskorrektur den Blitz auf ein akzeptables Niveau reduzieren.
- Bei Nikon, wenn der Blitz bereits aufgeklappt ist, die Blitztaste links vor noch einmal drücken. Mit dem Einstellrad den Blitz herunterregeln.
- Bei Canon die Taste Q auf der Rückseite der Kamera und mit dem Einstellrad die Blitzkorrektur wählen.
- Bei Sony die Taste FN auf der Rückseite der Kamera und mit dem Einstellrad die Blitzkompensation (nicht das Feld Blitzmodus!) wählen.
Externe Quellen: ISO-Automatik – ein oft unterschätztes Power-Tool