Lohnt sich der Aufwand und wie sicher sind die RAW-Formate der Hersteller?
Soll ich RAW oder JPG fotografieren? RAW klingt erst einmal kompliziert, die RAW-Datei ist groß und kann nicht direkt verwendet werden, sondern muss auf den Computer übertragen und mit einem RAW-Programm in JPG oder TIF umgewandelt werden.
Darüber hinaus hat jeder Kamerahersteller sein eigenes RAW-Format, und das nächste Modell der Kamera kann schon wieder ein leicht abweichendes RAW-Format mitbringen.
So enttäuschend waren die ersten Aufnahmen aus der Canon 1D Mark 4 mit dem 70-200-Objektiv – 10 Jahre später holt das RAW-Programm (gleich ob Photoshop RAW, Darktable oder Lightroom) die Zeichnung aus dem lichten Schnee und bringt Farbe und Details aus dem Hintergrund.
RAW ist aller Fotos Anfang
Alle Digitalkameras fotografieren ein RAW-Format – auch wenn sie die Aufnahme als JPEG speichern und selbst wenn sie kein RAW-Format zum Speichern des Bildes anbieten. Kameras nehmen keine Pixel auf, sondern gefilterte Helligkeitswerte. Die RAW-Datei ist also (noch) kein Bild und wird erst durch ein Programm auf dem Computer in ein Foto entwickelt. Das entwickelte Foto hat nicht 8 Bit Farbtiefe wie ein JPG, sondern bis zu 12, 14 oder 16 Bit Farbtiefe. Die hohe Farbtiefe erlaubt weitreichende Korrekturen von Helligkeit und Farbe, die bei einem JPG nicht möglich sind.
Die Kamerahersteller liefern das Programm zur Bearbeitung ihrer RAW-Dateien und zum Umwandeln von RAW in JPEG oder TIFF zusammen mit der Kamera aus. Sie liefern ihre RAW-Konverter auch für Photoshop, Adobe Lightroom, Apple Foto und für kostenlose Bildbearbeitungsprogramme wie theGimp und Darktable.
Anfangen mit RAW und JPEG
Für den Anfang ist es keine schlechte Idee, sowohl RAW als auch JPEG zu speichern. Die Speicherkarten haben heute ein gigantisches Volumen, Festplatten speichern heute in Größenordnungen von Terabyte.
Adobe Lightroom zeigt die zwei Versionen des Fotos unter einem Thumbnail, Darktable zeigt RAW und JPEG nebeneinander in einem Rahmen.
Die RAW-Konverter wandeln die Helligkeitswerte in drei Farbkanäle um. Dieser Prozess wird oft mit dem Entwickeln eines Films verglichen.
Im RAW-Format lassen sich Unterbelichtungen und Farbstiche besser korrigieren als in JPGs mit nur 8 Bit Farbtiefe. Das RAW-Bild verkraftet nachträgliche Belichtungskorrekturen um bis zu 4 Blendenschritte.
Fotografen, die gerne bei Available Light fotografieren, wissen die Vorteile des RAW-Formats zu schätzen. Sie wissen auch, dass die Aufnahmen immer für den Blog im Internet, für Fotoalben oder die Email zuerst in JPEG umgewandelt werden müssen.
Also: Wer RAW fotografiert, muss sich auf einen aufwändigen Arbeitsablauf einstellen. Und vielleicht auf eine Überraschung: Bei vielen Kameras können die Fotos im JPEG-Format einen Hauch brillanter wirken als die RAW-Aufnahmen. Dann hat die Kamerasoftware die JPG-Fotos bereits optimiert. Die RAW-Fotos wirken dagegen vielleicht weniger scharf und die Farben kommen nicht so brillant herüber.
Kameraeinstellungen nachträglich ändern
Weißabgleich und Farbraum AdobeRGB oder sRGB lassen sich an jeder Kamera direkt einstellen. Bei RAW-Aufnahmen können diese Einstellungen im Nachhinein geändert werden. Darüber hinaus haben alle Kameras Bildstile (Picture Styles) oder einen Kreativmodus für die Einstellung von Kontrast, Sättigung und Schärfe.
Weißabgleich vergessen? Passiert jeden Fotografen schnell einmal …
Bei RAW ist keine Farbkorrektur fällig, sondern der Weißabgleich kann im RAW-Programm ohne Verlust neu eingestellt werden.
Was das RAW-Programm nicht nachträglich ändern kann: die ISO-Einstellung.
Aber das Rauschen durch hohe ISO-Werte kann bei RAW-Fotos besser gemildert werden als bei JPEG.
Lineare Helligkeitswerte versus RGB-Pixel
Bei der Korrektur eines RAW-Fotos liegen die vollständigen linearen Daten des Bildes vor – bevor die Helligkeitswerte in Farbpixel umgewandelt werden. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir auf dem Monitor nur 8 Bit Farbtiefe sehen, während im RAW-Bild viel mehr Informationen liegen.
Wir sehen nie ein RAW-Foto auf dem Monitor
Was wir auf dem Monitor im Bildbearbeitungsprogramm als RAW-Foto sehen, ist nur eine Simulation des Farbbildes.
Erst wenn RAW als JPG oder TIF gespeichert wird, berechnet das RAW-Programm die Farbkanäle. Bis dahin lassen sich die Helligkeiten, Mitteltöne und Tiefen des Bildes komprimieren und dehnen, ohne dass dabei Helligkeitswerte verloren gehen wie bei einem RGB-Bild. Darum ziehen so viele Fotografen das RAW-Format dem einfachen Speichern der Fotos als JPEG-Bilder vor.
Lebensdauer von RAW-Fotos
RAW-Bilder lassen sich nur mit dem Bildbearbeitungsprogramm des Kameraherstellers, mit Photoshop und speziellen Programmen wie Lightroom, theGimp und Darktable öffnen.
Jede Kamera hat ihr eigenes RAW-Format
Schon der Nachfolger unserer Kamera hat wahrscheinlich wieder ein etwas anderes RAW-Format
Wird die RAW-Software meiner Kamera in 10 Jahren noch auf einem Rechner laufen?
Was passiert in 20 Jahren? Wahrscheinlich wird das RAW-Programm nicht mehr auf den Computern der nächsten oder übernächsten Generation laufen. Wenn doch, wird es die alten RAW-Aufnahmen langsam und quälend öffnen. Zur Sicherheit sollten RAW-Aufnahmen in das Digital Negative Format DNG konvertiert werden.
Bei der Konvertierung von RAW nach DNG kommen bei vielen Fotografen Verlustängste ins Spiel. Dabei nutzen Kamerahersteller wie Leica, Pentax und Ricoh direkt den DNG-Standard, wenn sie RAW-Bilder speichern.
Für die RAW-Bilder aus der Canon EOS D30 tickt die Uhr und es wird Zeit, ihnen für alle Fälle ein Backup im DNG-Format zu gönnen.
Qualität von RAW contra JPG
Wenn wir hören, dass RAW eine höhere Qualität als JPG aufweist: Das heißt keinesfalls, dass RAW-Fotos besser aussehen, sondern vor allem, dass RAW-Bilder eine höhere Toleranz für Korrekturen aufweisen.
RAW lohnt sich bei Korrekturen
Wenn Farben, Kontrast und Belichtung korrigiert werden
Wenn Vergrößerung auf dem Plan stehen
Erst wenn eine intensive Bildbearbeitung im Plan des Fotografen steht, lohnt sich der Anlauf auf RAW-Fotos. Wer noch nicht weiß, ob er sich tatsächlich eines Tages auf die Bearbeitung seiner Fotos einlassen möchte, kann seine Fotos in RAW + JPEG erfassen und die RAW-Aufnahmen ruhen lassen.
Optionen für RAW-Fotos
Bei guten Lichtverhältnissen entwickeln Digitalkameras ihre Aufnahmen so gut, dass die Ergebnisse nur von erfahrenen Bildbearbeitern übertroffen werden. Wenn die Lichtverhältnisse nicht mehr optimal sind und bei schwierigen Motiven stehen dem Fotograf beim Entwickeln des RAW-Bildes die Optionen des Entwicklungsprozesses zur Verfügung:
- Belichtungskorrektur
- RAW-Programme können RAW-Fotos bis zu 4 Blendenschritte aufhellen oder abdunkeln
- Kontrastverhalten
- Senken oder Stärken des Kontrasts – meist wünschen wir uns zwar einen höheren Kontrast für Fotos, aber Porträts profitieren oft von einem geringeren Kontrast
- Weißabgleich
- Bei Fotos im RAW-Format kann der Weißabgleich nachträglich am Rechner durchgeführt werden.
- Farbkorrektur
- Farben betonen, aufhellen oder abdunkeln - darin ist das RAW-Format dem JPEG-Bild weit überlegen.
- Schärfen
- Die meisten Kameras erlauben eine Vorgabe der Bildschärfe, die das RAW-Programm verlustfrei überschreibt.
- Objektivkorrekturen
- RAW-Programme enthalten Objektivdaten, mit denen Objektiv-Fehler wie Verzeichnung und Farbsäume korrigiert werden können.
Der Umgang mit RAW-Fotos
Wer mit der digitalen Kamera im RAW-Format fotografiert, muss seine Fotos für das Internet, für den Druck in Fotobüchern oder auf Postern und für das Versenden mit der Email in JPEG umwandeln.
Sobald die Aufnahme in ein JPEG-Bild entwickelt wurde, gehen die RAW-Daten des Fotos im JPEG verloren. Jede Korrektur des JPEG-Bildes stößt schnell an ihre Grenzen und führt zu Verlusten.
Aber moderne Bildbearbeitungsprogramme wie Adobe Lightroom, Darktable oder Apple Fotos machen keinen Unterschied zwischen RAW und JPEG.
Wer seine Fotos also mit Lightroom, Darktable oder Apple Fotos archiviert und bearbeitet, kann ohne große Einarbeitung und Hintergrundwissen auf das RAW-Format seiner Digitalkamera umsteigen.
RAW-Programme
Wenn eine Kamera RAW speichert, bringt sie auch ein Programm zur mehr oder minder rudimentären oder ausgefeilten Bearbeitung von RAW-Bildern und zum Export der RAW-Daten in ein allgemein lesbares Bildformat wie JPEG oder TIFF mit. Aber das wohl bekannteste Programm zur Bearbeitung und Konvertierung von RAW-Bildern ist Adobe Photoshop.
Aber Adobe Photoshop ist nicht unbedingt ein Programm, auf das sich jeder Fotograf einlassen will – abgesehen vom Preis kostet die Bildbearbeitung in Photoshop eine lange Einarbeitungszeit. Wer nicht gerade aufwändige Fotomontagen plant, aber seine Fotos organisieren und auch sorgfältig bearbeiten will, ist bei Adobe Lightroom oder Darktable besser aufgehoben. Beide Programme nehmen dem komplizierten RAW-Arbeitsablauf den Schrecken.
Lightroom und Darktable machen keinen Unterschied zwischen RAW und JPEG: Beide Formate werden verlustfrei bearbeitet, alle Änderungen können jederzeit zurückgenommen werden.
Das bringt einen Arbeitsablauf sowohl für RAW und JPEG und nimmt der RAW-Fotografie die Komplexität. Wer jetzt Bedenken hat, dass der Speicherbedarf durch RAW-Aufnahmen auf rund das Dreifache steigt: Während bearbeitete JPEG-Fotos als Kopie gespeichert werden müssen, muss mit Lightroom und Darktable keine Kopie angelegt werden.
Externe Quellen
- Affinity Photo für Mac und iPad Hochgelobte Bildbearbeitung – eingestuft als echte Konkurrenz zu Photoshop.
- Es muss nicht gleich einer der Platzhirsche sein: Erfahrungsbericht Apple Fotos bearbeitet ebenfalls RAW und JPG im selben Workflow.