ISO-Rauschen vorbeugen
Die Angst vor dem ISO-Rauschen – fehlfarbige Pixeln – stammt noch aus den Anfangszeiten der digitalen Fotografie, als die Fotografen den Vergleich zur analogen Fotografie heranzogen. Dabei litt der analoge Film mit 800 ISO / 1600 ISO zwar nicht unter ISO-Rauschen, dafür war er körniger.
Für den Betrachter wiegt die Schärfe des Fotos schwerer als das Rauschen durch hohe ISO-Werte. Also besser Rauschen riskieren als unscharfe Fotos. Heute darf die Kamera bei Aufnahmen aus der Hand beruhigt auf die ISO-Automatik eingestellt werden.
Wann werden Fotos unbrauchbar?
Wenn die Verschlusszeit zu lang wird, verwackeln Aufnahmen ohne Blitz oder Stativ. Aber auch kurze Belichtungszeiten von 1/125 oder 1/250 sek können für Sport- und Tierfotografie schon zu lang sein. Fotografieren mit hohen ISO-Werten schafft Abhilfe: Je höher der ISO-Wert, desto empfindlicher wird der Sensor für das einfallende Licht und desto kürzer werden die Belichtungszeiten.
Ist die Qualität von Fotos also besser bei niedrigen ISO-Werten? Ja und Nein. In einer Studioumgebung oder wenn die Kamera für eine Landschaftsaufnahme auf dem Stativ sitzt, bringen niedrige ISO-Werte die bessere Qualität. Bei Fotos aus der Hand ist die ISO-Automatik oder ein gut kalkulierter ISO-Wert die bessere Voraussetzung für scharfe Fotos.
Unbrauchbar durch Bewegungsunschärfe kommt 100 mal häufiger vor als unbrauchbar wegen hohen ISO-Rauschens.
Jedes Verdoppeln des ISO-Werts halbiert die Belichtungszeit. Statt 1/60 sek bei ISO 100 belichtet die Kamera das Foto mit derselben Blende bei ISO 400 mit 1/250 sek. Eine höhere ISO-Einstellung bringt die bessere Qualität in vielen Situationen: kürzere Belichtungszeiten (z.B. für Sport und spielende Kinder) und kleinere Blenden (für Landschaft und Architektur).
Mit hohen ISO-Werten wird die Kehrseite der höheren Empfindlichkeit sichtbar: In der Vergrößerung des Fotos zeigen sich fehlfarbige Pixel: das Rauschen bei hohen ISO-Werten.
Besser ISO-Rauschen riskieren als ein unscharfes Foto
Der Wind um das ISO-Rauschen
Bei den unzähligen Kameratests ist das Rauschen ein großes Thema. Obwohl Schärfe und Farbe des Fotos vor allem vom Objektiv und nicht nur vom Sensor abhängen, wird dem ISO-Rauschen viel Raum gewidmet. Beim Sport, vor allem in der Halle, gibt es keine Alternative zu hohen ISO-Werten, sonst kommt es schnell zu unscharfen Fotos. Erst bei ISO 6400 oder ISO 12800 ist der APS-C-Sensor am Ende seiner Leistungsfähigkeit. Dann bringt erst eine Vollformat-Kamera noch gute Fotos für hohe Ansprüche (z.B. großer Druck in Zeitschriften und Magazinen).
- Bei der Familienfeier dürfen die Fotos auch mal mit ISO 6400 bis ISO 12800 aufgenommen werden – besser ein Foto mit Rauschen im Kasten als keines.
- Konzerte und Partys? Hauptsache scharf … wen stören das Rauschen und der rote Farbstich des schwachen Kunstlichts?
Schärfe und kräftige natürliche Farben wiegen für den Betrachter höher als das Rauschen durch hohe ISO-Werte.
Wie weit das ISO-Rauschen bei Fotos stört, hängt vom Sujet (und natürlich von der Toleranz des Fotografen) ab:
- Astrein sollten Fotos für Veröffentlichungen in Magazinen und Büchern sein, auch wenn sie mit etwa DIN A 4 gedruckt werden. ISO 6400 aus einer modernen APS-C-Kamera verkraftet der Druck problemlos.
- In Fotobüchern, die kleiner als DIN A4 sind, kommen Landschafts- und Architekturfotos auch mit ISO 6400 ebenfalls sehr gut durch.
ISO-Rauschen und Farbstiche
Der allgemeine Tipp für Fotos mit hohen ISO-Einstellungen lautet: Lieber ein wenig überbelichten als unterbelichten. Die Hoffnung, mit einer kürzeren Belichtungszeit auch eine niedrigere ISO-Stufe zu erreichen, zerschlägt sich sofort, wenn die Bildbearbeitung die Tiefen des Bildes aufhellt: Dann rauscht es gleich mehrfach stark.
Damit bei schwierigem Licht und hohen ISO-Werte die Farben stimmen, hilft ein manueller Weißabgleich. Wenn keine Graukarte zur Hand ist und der Weißabgleich zu aufwändig wird, zieht man das Display und die Kelvin-Einstellung (Farbtemperatur) zurate.
Wir alle schwärmen vom Korn auf dem Silberbromidpapier der analogen Fotografie – Rauschen hingegen wird viel zu oft betont.
Wir blicken zudem viel zu tief auf den Monitor
Bei einer 1:1-Ansicht stört Rauschen schnell.
Fotos werden weder 1:1 im Fotoalbum gedruckt noch im Internet veröffentlicht – also Fotos mit 1:25 prüfen. Auch eine Ausschnittsvergrößerung verstärkt das Rauschen keinesfalls proportional – im Gegenteil. Die Vergrößerung hat eher den Effekt einer Rauschunterdrückung per Software. Auf der anderen Seite bringt ja auch die Rauschunterdrückung im Bildbearbeitungsprogramm und auch im RAW-Programm eine Weichzeichnung.
Die kleinen Sensoren der Kompaktkameras steckt das Rauschen bei hohen ISO-Werten nicht so leicht weg wie die moderne Systemkamera mit APS-C- oder Four Thirds-Sensor. Dafür haben die guten Kompaktkameras eine große Blende, die ein oder zwei ISO-Schritte spart. Wir dürfen also ISO 800 aus der Kamera mit dem APS-C-Sensor nicht mit ISO 800 aus der Kompaktkamera vergleichen, wenn die Kompaktkamera mit Blende F/2,8 oder F/4 benutzt werden kann, während das Objektiv an der Spiegelreflexkamera nur eine Blende von F/5,6 hergibt.
Live View kontra Sucher
Der Blick durch den optischen Sucher zeigt die Szene keinesfalls so, wie die Kamera sie aufnehmen wird, sondern wie wir sie sehen: Farbstiche werden nicht offensichtlich.
Live View und elektronische Sucher hingegen zeigen Farbstiche und obendrein können wir die Belichtung besser bestimmen: Das Histogramm oder eine einfache Überbelichtungskontrolle warnen, wenn Belichtungskorrekturen über das Weiß hinausschießen.
Spiegelreflexkameras haben zwar eine Abblendtaste, die den Sucher auf die Werte der eingestellten Blende abblendet, aber mal Hand aufs Herz: Wer benutzt schon die Abblendtaste zur Belichtungskontrolle?