Schwarzweiß fotografieren

Schwarzweiß ist mehr als ein Foto ohne Farben

Schwarzweißfotos haben etwas Nostalgisches und erinnern uns an die Anfänge der Fotografie. Trotzdem ist das Schwarzweißfoto kein Anachronismus, sondern gilt bis heute zurecht als Kunstform der Fotografie.

Die analoge Kamera kannte nur eine Möglichkeit für die Aufnahme von Schwarzweißfotos – nämlich den Schwarzweißfilm. Die Digitalkamera kann bei jeder Aufnahme in den Schwarzweißmodus geschaltet werden und zeigt beim Blick durch den elektronischen Sucher oder auf das Display der Spiegelreflexkamera die Szene vor der Kamera schon in Schwarzweiss an.

Fotografieren im Schwarzweiß-Modus

Wo die Farben das Foto sonst schnell dominieren, lebt das Foto jetzt von Kontrast, Textur, Formen und dem Charakter des Lichts. Wenn die Kamera auf Schwarzweiß umgestellt wird, zeigen der elektronische Sucher und das Display der Spiegelreflexkamera die Szene schon in Graustufen.

Für Einsteiger in die Schwarzweißfotografie wirkt die Szene im Sucher bzw. auf dem Display dann grau, flach und leblos, denn so einfach läßt sich Farbe nicht in Schwarzweiss übersetzen. In Schwarzweißfotos müssen wir für Kontrast zwischen Motiv und Hintergrund sorgen – eine Übung, die auch Farbfotos entgegenkommt.

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Wo das Farbfoto die roten Erdbeeren vom grünen Obst im Hintergrund trennt …
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würde ein ungefiltertes Schwarzweißbild nur wenig Kontrast zwischen den Helligkeiten zeigen.

Mit dem analogen Film haben Fotografen Farbfilter benutzt, um ein kontrastreiches Foto aufzunehmen, in dem die Farben gut voneinander getrennt waren. Ein Gelb- oder Orangefilter machten den Himmel dunkler, der Grünfilter trennte unterschiedliche Grüntöne.

Rot und Grün haben z.B. ohne Farbfilter dieselbe Helligkeit, so dass aus dem Rot-Grün-Kontrast des Farbfotos ohne Filter kein Helligkeitsunterschied entsteht. Erst unterschiedliche Farbfilter verliehen dem Schwarzweißfoto den persönlichen Charakter – je nach Motiv.

Farbe kontra Helligkeit

Die Sicht durch den elektronischen Sucher oder das Display auf die Szene in Graustufen ist Ausbildung für das Auge des Fotografen. Formen und Kontraste treten stärker in den Vordergrund, das Auge wird empfänglicher für den Charakter des Lichts.

Viele Kameras bieten Parameter für das digitale Schwarzweißbild – meist sind es Kontrast, Schärfe, Filtereffekte und Tonungen wie das unvermeidliche Sepia. Allerdings ist es ratsamer, die Effekte später im Bildarbeitungsprogramm einzusetzen, wo sie besser gesteuert werden können.

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Schon in der Dunkelkammer wurde mit Hilfe von Masken abgewedelt und nachbelichtet. Photoshop hat darum seit den ersten Versionen bis heute die Werkzeuge Abwedeln und Nachbelichten in der Werkzeugleiste (auch wenn diese Werkzeuge heute überholt sind).

Die digitale Bildbearbeitung setzt auf die Gradationskurve, Photoshop auf die Tiefen/Lichter-Korrektur und den Protokollpinsel, Darktable auf die Schatten- / Spitzlichtkorrektur um den letzten Pixel aus dem Schatten zu locken. Jedes gute Bild ist eine Nacht in der Dunkelkammer.

Schwarzweiß im RAW-Format

Wenn die Kamera ein RAW-Format bietet, können auch Schwarzweißfotos als RAW gespeichert werden – am besten RAW und JPEG. Wer einen persönlichen Schwarzweißcharakter entwickeln will, kann dann Programme wie Photoshop, Lightroom, Gimp oder Darktable benutzen, wo ein ganzer Ozean von Optionen für die Umwandlung in ein ausdrucksstarkes Schwarzweißfoto bereitsteht.

Die optimale Variante des digitalen Schwarzweißfotos dürfte die Kombination von RAW und JPEG sein: Die Kamera wird das JPG in Schwarzweiß speichern, wahrscheinlich auch ein schwarzweißes Vorschaubild für die RAW-Variante, aber das RAW-Bild bleibt ein Farbfoto.

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Der Sucher zeigt die Szene in Schwarzweiß, das JPEG wird Schwarzweiß
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Das RAW-Bild ist das Foto in Farbe

Das beschert den Fotografen mit der Schwarzweißvorschau durch den elektronischen Sucher, aber hält die Bearbeitung der Aufnahme dem RAW oder Bildbearbeitungsprogramm vor – der modernen Dunkelkammer.

Das Histogramm – digitale Umsetzung des Zonensystems von Anselm Adams

Bei ruhigen Landschaftsaufnahmen kommt das Histogramm zum Einsatz: Das ist die beste Belichtungsteuerung, die es je gab. Gerade beim Schwarzweißbild, das von Kontrasten und den tonalen Stufen der Oberflächen lebt, lohnt sich das Belichten auf den Weißpunkt des Histogramms.

Beim Belichten auf den Weißpunkt des Histogramms läßt der der Fotograf so viel Licht durch das Objektiv, dass die Balken des Histogramms bis zum rechten Rand reichen.

Langzeitbelichtung Schwarzweiß

Eine besondere Tiefe und plastische Schärfe kommt durch Langzeitaufnahmen zustande. Ein Neutrale Dichtefilter (ND-Filter) verlängert die Belichtungszeit um ein Vielfaches, beruhigt fließendes Wasser und softet die Spitzlichter auf den Wellen. Auch Polfilter verbessern die Kontraste bei Schwarzweißaufnahmen, arbeiten die Dramatik eines bewölkten Himmels heraus und mildern die Reflexionen auf spiegelnden Oberflächen.

Dann führt allerdings kein Weg am Stativ vorbei und bei der Spiegelreflexkamera darf die Spiegelvorauslösung aus dem Schattendasein treten.

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Belichtungszeit: 1/25sek
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Belichtungszeit: 3sek

Fließendes Wasser wird durch eine lange Belichtungszeit (mit Stativ) weich und glatt. Sehr kurze Belichtungszeiten holen jeden Topfen des Springbrunnens scharf und glänzend ins Bild. Für weich fließendes Wasser müssen Belichtungszeiten von mehr als zwei, drei Sekunden erreicht werden.

Solche Belichtungszeiten sind allerdings schon so lang, dass sie bei Tageslicht kaum allein durch eine kleine Blende erreicht werden. Bei Tageslicht bringt erst ein ND-Filter mit hoher Dunkelstufe eine ausreichende Verlängerung der Belichtungszeit.