Landschaft ist ein weites Feld
Unberührte Natur, tosende Wellen, Landschaftsparks oder kleine Stillleben in freier Natur, das romantische Bauernhaus hinter dem Kornfeld … das alles verstehen wir unter Landschafts- und Architekturfotografie.
Die Landschaftsfotografie eröffnet sich auch Einsteigern schnell, bringt mit der einfachsten Ausrüstung beeindruckende Ergebnisse und führt uns bei Wind und Wetter hinaus in die Natur.
Weiträumig, ruhig oder wild, naturnah
Landscape photography is the supreme test of the photographer – and often the supreme disappointment. – Ansel Adams.
In keinem Gebiet der Fotografie ist es so schwer, zu einer Übereinkunft zu kommen, was ein gefälliges Landschaftsfoto ausmacht. Bildaufbau, Perspektive und Ausschnitt sind frei von allen Regeln. Selbst die typischen Regeln der Kunstakademien sind außer Kraft gesetzt: Goldener Schnitt, stürzende Linien und bildführende Linien … alles ist erlaubt und nichts führt mit Sicherheit zu einem guten Foto.
Ohne Zweifel binden Bilder mit ausgefallenen Lichtstimmungen das Interesse der Betrachter. Früher Morgen, später Nachmittag, Nebel, Sturm, dramatische Wolken, brillante Farben, die Beschränkung auf wenige Farben, Kontraste: Landschaftsfotos sprechen uns an, wenn sie aus dem Rahmen fallen.
Landschaftsfotografie: Licht und Stimmung und Kontrast
Die technischen Randbedingungen sind schärfer: Neben der Bildschärfe, dem Kontrast und den Farben zählen Lichtstimmung, Perspektive und Kontrast besonders hoch.
Dabei bringt eine bessere (sprich: teurere) Ausrüstung ebensowenig bessere Landschaftsfotos wie ein teurer Füllfederhalter besser Bücher schreiben könnte.
Ein größerer Sensor, mehr Pixel oder das schärfere Objektiv können den richtigen Moment und den fotografischen Blick für das Licht, Perspektive und Kontrast der Szene nicht ersetzen.
Kompaktkameras und Handys können einen besonderen Moment ebenso transportieren wie die Vollformatkamera mit dem Spitzenobjektiv.
Lichtstimmung und Kontrast
Das beste Licht für Gebirge und Meeresstrand, den kleinen Park vor der Tür und das einsame Seeufer herrscht am frühen Morgen und beim Sonnenuntergang. Wer die Wahl zwischen dem frühen Morgen und dem späten Nachmittag oder Abend hat, sollte einmal den frühen Morgen versuchen. Nichts gegen Fotos von Sonnenuntergängen – aber wer kann den Abertausenden von Sonnenuntergängen noch etwas Besonderes entgegensetzen?
Der Morgen hat das weichere Licht, ist aber nicht vorhersehbar. Morgenstunden können inmitten einer Schönwetterperiode mit Nebel oder einem diffusen Himmel überraschen.
Sowohl der spektakuläre Sonnenaufgang als auch der Morgennebel führen uns schnell im wahrsten Sinne des Wortes hinters Licht: Der Sonnenaufgang überschreitet den Kontrastumfang des Sensors, der Nebel verschleiert die Lichtrichtung und verleitet zu Gegenlichtaufnahmen.
Wir sehen den Kontrastumfang der Szene vor unseren Augen stufenlos, während die Kamera nur abgestufte Helligkeiten erfassen kann. Wenn die Stufen für die Szene nicht reichen, muss die Kamera mehrere Helligkeitsstufen in eine Stufe »komprimieren«. Dann zeigt das Foto weniger Detailzeichnung.
Die kleinen Brennweiten, die in der Landschaftsfotografie bevorzugt eingesetzt werden, bringen ein breites Spektrum zwischen Hell und Dunkel ins Bild: Von den höllisch schwarzen Schatten unter den Bäumen bis hin zum einem strahlenden Himmel oder persilweißen Motiven.
Während unsere Augen den hohen Kontrastumfang nach einer kurzen Anpassungszeit bewältigen, können Kameras den vollen Kontrastumfang nicht erfassen. Dann entstehen dunkle Bereiche ohne Farbe und Detailzeichnung und weiße Löcher. Der Klassiker ist die Gegenlichtaufnahme.
Wo droht das Gegenlicht?
Die Überbelichtungskontrolle des Live Views oder des elektronischen Suchers warnen bei weißen Löchern im Bild, ebenso das Histogramm.
Wer den optischen Sucher bevorzugt, kann mit einer Probeaufnahme die Lichtrichtung testen: Gegenlicht ist dort, wo der Himmel am hellsten wird.
Viele Fotografen empfinden den Live View – vor allem mitsamt den Informationen wie Histogramm und Belichtungswarnungen – als störend.
Dann helfen die Kontrolle der Aufnahmen auf der Speicherkarte, Belichtungskorrekturen oder Belichtungsreihen – und hoffen, dass sich die Lichtstimmung nicht verflüchtigt.
Belichtungskorrekturen und Blendenreihen
Aus einer Blendenreihe mit drei oder mehr Aufnahmen kann sich der Fotograf im Nachhinein die Aufnahme aussuchen, die seiner Intension am nächsten kommt.
Jede Kamera hat einen Plus-Minus-Knopf für die Belichtungskorrektur und zeigt mit einer kleinen Skala die Stärke des manuellen Eingriffs als Drittel-Blenden-Schritte an.
Wenn eine Belichtungskorrektur das Foto um einen Blendenschritt aufhellt, kommt zwar mehr Leben in die dunklen Bildbereiche, die Belichtungskorrektur schwächt aber auf der anderen Seite die Lichterzeichnung.
Immer mehr Kameras bieten heute eine Funktion für einen besonders hohen Dynamikumfang (High Dynamic Range): Bei Nikon heißt die Funktion D-Lighting, bei Sony HDR. Die Strategien der Kameras fallen dabei unterschiedlich aus.
- Nikon: D-Lighting senkt den Kontrast bei Aufnahmen, die im Schatten zu schwarz sind und in den hellen Bildbereichen nahezu oder sogar ganz weiß sind.
- Sony: Mit der HDR-Funktion nimmt die Sony drei Aufnahmen in schneller Folge auf und mischt die Aufnahmen.
Die richtige Zeit planen
So stehen wir am langen Wochenendurlaub früh auf und machen uns auf den Weg zu unserem Motiv, aber siehe da, der Sonnenaufgang bringt lange Schatten und reist den Vordergrund in einen tiefen Abgrund.
Apps fürs Handy oder für das Tablett helfen bei der Planung: Sie zeigen den Sonnenstand am Ort. Das erspart frustrierende Anläufe und lange Wanderungen zu Standpunkten, an denen das Licht nicht so will wie wir es gerne hätten.
Die vergessenen Motive vor der eigenen Tür
Wir blicken voller Sehnsucht auf die unendliche Vielfalt der dramatischen Gebirgsszenen bei Flickr und warten gespannt auf den Urlaub in den schottischen Highlands.
Aber mal ehrlich: Was hätten wir all den Bergwelten und den Klippen entgegenzusetzen? Auf der anderen Seite sind wir zuhause eher bereit, die warme Stube am frühen Morgen zu verlassen.
Zuhause steht die wetterfeste Kleidung bereit, der Anlauf ist kurz und wir kennen uns aus. Für die Wartezeit auf den lichten Moment können wir ein Frühstück und die Morgenzeitung oder das Handbuch der Kamera mitnehmen – unbezahlbar.
Da können wir die kleinen Fehler und Fallen am nächsten Tag oder im nächsten Jahr korrigieren: Am besten fotografiert man, was man kennt. Einen guten Standpunkt finden, die Lichtrichtung zur richtigen Zeit erwischen und noch ein, zwei Anläufe sind eine gute Voraussetzung für eine bessere Aufnahme.
Zeit, Muße und ein Stativ für perfekte Schärfe
Fast immer bevorzugen Fotografen eine kleine Brennweite, um die Tiefe und Weite der Landschaft zu betonen.
Besonders zur Landschaftsfotografie gehören Zeit und Muße. Ein gutes Stativ trägt wesentlich zur Schärfe bei – trotz der meist eher kurzen Belichtungszeiten in der Landschaftsfotografie. Die Hardliner nehmen dann noch die Spiegelvorauslösung und die Fernbedienung hinzu. Jedes Körnchen zählt im edlen Wettstreit um feine Schärfe.
Eine kleine Blende ist ein wichtiger Ausgangspunkt für eine schöne Schärfe – je kleiner die Blende, desto länger wird die Schärfentiefe. Die offene Blende bringt selten eine gute Schärfe; meist liegt die beste Schärfe, die ein Objektiv liefern kann, im mittleren Bereich. Die ganz kleinen Blenden. Ab Blende F16 und kleiner an der APS-C-Kamera beginnt die Beugungsunschärfe.
Objektive für die Landschaftsfotografie
Landschaftsfotografen greifen am liebsten zum Weitwinkelobjektiv. Schon das Kit-Objektiv 18-55 mm, das bei den meisten Kameras im Bunde angeboten wird, hat fast immer eine gute Schärfe zu bieten.
Die Brennweite steuert die Raumtiefe und den Bildcharakter: Kurze Brennweiten bringen selbst in ruhige Landschaften Dynamik, lange Brennweite erzeugen den Eindruck von Ruhe und Harmonie, aber setzen weniger Umgebung ins Bild und nehmen dem Raum die Tiefe.
Viele Digitalkameras bringen eine Funktion für Panoramafotos schon in der Kamerasoftware mit.
Die andere Lösung sind spezielle Panoramaprogramme, die einzelne Fotos zu einem Panorama zusammen setzen.