Hyperfokale Distanz: Schärfe von vorn bis zum Horizont

Schärfentiefe für die Landschaftsfotografie

Schärfe so lang wie die Autobahn von Flensburg nach Hamburg? In der Landschaftsfotografie soll die Schärfentiefe vom Baum im Vordergrund bis zum anderen Seeufer reichen. Da sind oft mehrere Hundert Meter zu überbrücken.

Einfach eine möglichst kleine Blende klingt nach einer einfachen Strategie und liefert zwar eine lange Schärfentiefe, aber kein richtig scharfes Foto.

Landschaft, Schärfe gering bei Blende F/22 Landschaft, Schärfe gut bei Blende F/14

Auch wenn der Unterschied zwischen Blende F/22 (links) und Blende F/14 nur hauchzart ist: Für Vergrößerungen, Ausschnittsvergrößerung und Nacharbeiten ist die Schärfentiefe der kleineren Blende der bessere Ausgangspunkt.

Blende und Distanz

Die Parameter für die Schärfentiefe in der Landschaftsfotografie sind die Blende und der Abstand zum Fokuspunkt:
Je kleiner die Blende und desto größer die Entfernung zum fokussierten Punkt, um so mehr breitet sich die Schärfentiefe aus. Die Blende darf aber nicht zu klein sein, damit die Gesamtschärfe nicht leidet. Obendrein ist bei kleinen Blenden die Belichtungszeit länger und damit wächst die Gefahr, dass Aufnahmen ohne Stativ verwackeln oder der Wind Blätter, Zweige, Wellen und Wolken verwischt.

Blende und Entfernung unterliegen Grenzen:
Die Entfernung zum fokussierten Punkt darf nicht zu groß und die Blende darf nicht zu klein werden.

Blende nicht zu klein, Fokusdistanz nicht zu groß

Mit den kleinen Blenden des Objektivs – meist ab Blende ~ F11 bis F16 – nimmt die Gesamtschärfe des Fotos aufgrund der Beugung kleiner Blenden ab. Auch eine große Entfernung zum fokussierten Punkt bringt das Objektiv um seine beste Schärfe. Wenn die Kamera mit einem 50 mm-Objektiv (entspr. Kleinbild) und Blende F2 auf einen Punkt in 10 Meter Abstand fokussiert, ist nur ein kleiner Bereich vor und hinter der 10 m-Grenze perfekt scharf, aber mit kleineren Blenden breitet sich die Schärfentiefe schnell aus.

Einfluss der Fokusdistanz auf die Unschärfe im Vordergrund
Links: Schärfentiefe bei 10 m Abstand zum fokussierten Motiv
Rechts: Schärfentiefe bei 20 m Abstand zum fokussierten Motiv

Zusätzlich zur Schärfentiefe, die durch die kleine Blende entsteht, dehnt eine größere Distanz zum fokussierten Punkt die Schärfe aus. Die Illustration oben zeigt aber, dass es wenig Sinn macht, die Entfernung zum fokussierten Punkt zu weit auszudehnen. Dabei bleibt der Hintergrund zwar in der Schärfe, aber der Vordergrund bleibt bei einem größeren Abstand unscharf.

Scharfgestellt auf Unendlich Scharfgestellt auf hyperfokale Distanz

Scharf gestellt auf »Unendlich« vs Hyperfokale Distanz: Der Mond ist in beiden Aufnahmen scharf, aber mit der Einstellung des Objektivs auf Unendlich hat es der Vordergrund nicht bis in die Schärfe gebracht.

Hyperfokale Distanz

Der naheliegenste Fokuspunkt, bei dem die Schärfe bis Unendlich reicht, wird als Hyperfokale Distanz bezeichnet. Die Bezeichnung Hyperfokal klingt kompliziert, die Abschätzung von Blende und Brennweite ist aber einfacher als die Berechnung der Schärfentiefe.

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Anders als bei der Berechnung der Schärfentiefe spielt die Entfernung zum fokussierten Motiv keine Rolle. Das Ergebnis der Abschätzung der hyperfokalen Distanz ist die Entfernung des Fokuspunkts. Nur Brennweite, Blende und die Größe des Sensors entscheiden über die hyperfokale Distanz.

Tipp: Lieber auf eine etwas größere Entfernung fokussieren als auf das Ergebnis der Formel bzw. der Tabellen.

So exakt wie die Formel und die Tabellen wirken, ist die hyperfokale Distanz nicht, sondern sie ist letztendlich ein Schätzwert.

Heute übernimmt eine App auf dem Smartphone die Berechnung – aber hyperfokale Distanz ist einfacher gestrickt als die Schärfentiefe und ein gelber Zettel mit wichtigen Angaben zur hyperfokalen Distanz tut es auch.

  • 15 mm Blende 8 Hyperfokale Distanz 1,6 m
  • 35 mm Blende 8 Hyperfokale Distanz 7,7 m
  • 50 mm Blende 8 Hyperfokale Distanz 15,7 m
  • 160 mm Blende 16 Hyperfokale Distanz 80 m
  • 300 mm Blende 16 Hyperfokale Distanz 280 m

Objektive mit Entfernungsskala

Die Entfernungsskala der Objektive für APS-C-Sensoren ist heute viel zu klein, um mehr zu liefern als eine ungefähre Entfernungsschätzung. Die kurze Rotationsstrecke der digitalen Objektive soll für einen schnellen Autofokus und einen möglichst geringen Energiebedarf für die Linsenbewegung im Objektiv sorgen, macht aber die Einstellung einer Entfernung zu einer Lotterie. Darüber hinaus geht der Fokusring der Objektive über Unendlich hinaus, auch das wieder dem Autofokus zuliebe.

entfernungsskala-objektiv
Objektiv mit Entfernungskala: Auf alten Objektiven ist die hyperfokale Distanz oft noch eingraviert, neuere und vor allem preiswerte Objektive ersparen sich den kleinen roten Strich.

Eine gut ausgestattete Werkzeugkiste enthält vielleicht einen guten Laser-Entfernungsmesser – der fühlt sich im Fotokoffer auch wohl und kann außerdem im Dunkel als Fokus-Hilfslicht dienen.

Festbrennweite und beste Blende

Wer mit einer Festbrennweite fotografiert, kann sich die wichtigsten Kennziffern auch leicht merken, denn für die Landschaftsfotografie wird meist eine Blende zwischen F8 und F16 eingestellt. Wer erforscht hat, welche Blende seines Objektivs die beste Schärfe zeigt, braucht sich im Endeffekt nur eine Zahl zu merken.

Schärfentiefe im Detail, Tabellen und Apps zur Berechnung der Schärfentiefe: DOF Master – die Meister des Depth of Field

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 1,4 2,0 2,8 4,0 5,6 8,0 11 16 22 Entfernung (m) Blende 50 mm APS-C Unschärfe im Vordergrund 25m 50m 75m 100m F4 F8 F16 31 m 15 m 8 m