Brennweite ist "Nah ran oder viel im Bild"
Sowohl beim Kauf einer Systemkamera als auch bei Kompaktkameras gilt: Der Zoom spielt eine wichtige Rolle. Beim Objekt sind Brennweite und Lichtstärke so wichtig wie die Kilowatt beim Auto. Aber keinesfalls gilt: je mehr, desto besser.
Wenn wir durch die Gassen der Städte pilgern oder die Bergspitze erreichen, ist kein Weitwinkelobjektiv weit genug. Für den kreisenden Adler würden wir die Profikamera gegen eine Kompaktkamera mit dem Superzoom eintauschen. Bei der Safari muss das Objektiv ein Supertele sein, damit wir nicht zum Fraß für den Löwen werden.
Die Entscheidung für das »richtige« Objektiv
Die Wahl eines neuen Objektivs reißt jeden Fotografen hin und her zwischen dem Preis, der Größe und dem Gewicht, zwischen Gestaltungswünschen und der Bildqualität. Wie groß das Objektiv einen kleinen Vogel ins Bild setzen kann oder wieviel Landschaft nach rechts und links im Foto zu sehen ist, hängt von der Brennweite des Objektivs ab: Brennweiten ändern den Bildausschnitt.
- Je größer die Brennweite, desto größer wird das Motiv abgebildet.
- Je kleiner die Brennweite, umso mehr passt ins Bild.
Brennweite* | Bezeichnung | Typische Anwendung |
---|---|---|
Weniger als 21 mm | Extremes Weitwinkelobjektiv | Architektur |
21-35 mm | Weitwinkel | Landschaft und Architektur |
35-70 mm | Normalobjektiv | Straßenfotografie und Dokumentation |
70-135 mm | Kleines Teleobjektiv | Porträt |
135-300+ mm | Teleobjektiv | Sport, Wildtierfotografie |




Die Brennweite erscheint auf den ersten Blick als wichtigstes Kennzeichen des Objektivs und wird in Millimetern angegeben. Kompakt- und Bridgekameras belästigen den Fotografen nicht mit Millimetern, sondern kennzeichnen ihre Objektive mit 4-fach Zoom oder 30-fach-Zoom, die Objektive der Systemkameras gravieren die Brennweite in Millimetern aufs Objektiv.



Aktuelle Handykameras verfügen meist über Objektive im Weitwinkelbereich von 22 bis 30 mm (Landschaft), einem Ultra-Weitwinkel mit etwa 12 bis 18 mm (Architektur) und einem Teleobjektiv mit 50 bis 80 mm (perfekt für Porträts).
Objektivtyp | Typische äq. Brennweite |
---|---|
Weitwinkel (Haupt) | 22–30 mm |
Ultra-Weitwinkel | 12–18 mm |
Tele (Portrait) | 50–80 mm |
Periskop-Telezoom | 100–125 mm (Premium-Modelle) |
Brennweite / Zoom und Sensorgröße
Jedes Kamerasystem hat eine andere Sensorgröße: Von der Handykamera mit kleinen und kleinsten Sensoren über die Kompaktkamera mit kleinem Sensor oder einem edlen One-Sensor bis hin zum Vollformat. Die Brennweite ist der Abstand der Linse zum Sensor, darum haben die kleinen Sensoren der Handykamera kleine Brennweiten.
Um die Brennweite von Objektiven an den verschiedenen Kamerasystemen miteinander zu vergleichen, brauchen wir den Cropfaktor, mit dem wir die Wirkung der Brennweiten miteinander vergleichen können: Weitwinkel, Tele oder Normalbrennweite?
Als Normalbrennweite wird die Brennweite bezeichnet, bei der der Bildwinkel unserem Sehempfinden am nächsten kommt. Die Normalbrennweite ist dokumentarisch und lässt uns Größenverhältnisse und Abstände in Fotografien am besten einschätzen.
Unter Weitwinkel verstehen wir Objektive mit etwa 2/3 der Normalbrennweite. Ihr Einsatz ist die Landschafts- und Architekturfotografie sowie die Fotografie in geschlossenen Räumen, in denen der Fotograf keinen ausreichenden Abstand einhalten kann.
Teleobjektive beginnen beim 1,5-fachen der Normalbrennweite. Sie sind essentiell bei Sport, Tieraufnahmen in freier Wildbahn und die moderaten Teleobjektive gelten als gute Porträtobjektive.
Brennweiten auf dem Zoomring
Auf dem Zoomring des Wechselobjektivs sind die Brennweiten aufgetragen. Aber wer schaut schon auf die Zahlen? Der Bildausschnitt zählt.
Kompakt- und Bridgekameras zeigen beim Zoomen eine Skala mit einem Strich für die Normalbrennweite oder der Schieber für den Zoom zeigt die ungefähre Normalbrennweite an.



Dokumentation, natürlicher Charakter

Landschaft, Architektur

Porträt

Sport
Die Brennweite von Teleobjektiven ist größer als die Normalbrennweite, die Brennweite von Weitwinkelobjektiven ist kleiner.
Bei Brennweiten punktet nicht einfach die höhere Zahl, denn die vergrößernde Wirkung der Brennweite basiert auf der Sensorgröße. Kleine Sensoren zoomen mit 30 mm den Spatz vom Dach, große Sensoren lichten bei 30 mm gleich einen kleinen Straßenzug ab.
Wechselobjektive für Systemkameras
Technisch gesehen ist die Brennweite der Abstand vom optischen Zentrum der Linse zum Sensor der Kamera. Damit können Physiker und Mathematiker viel anfangen, wer sich fragt, welches Objektiv für ihn das Beste wäre, wird von der technischen Definition nicht klüger.
In den meisten Fällen wird die Entscheidung bei einem neuen Objektiv – vor allem beim ersten Objektiv – auf ein Zoom-Objektiv fallen. Anders als Bridgekameras und Kompaktkameras haben die Wechselobjektive von Systemkameras meist nur einen 3- bis 4-fachen Zoombereich.
Heute gibt es es allerdings auch Wechselobjektive mit einem 10-fach-Zoom und mehr, die sich durchaus wahre Allround-Objektive nennen dürfen, und dabei klein und leicht bleiben.

F1.8


F/3.5-6.3
Müssen wir tatsächlich Qualitätsabstriche bei preiswerten Zoomobjektiven in Kauf nehmen? Die jüngere Generation von Allround-Objektiven kann eine bemerkenswerte Qualität vorweisen, die Abstriche liegen in der Lichtstärke.
Bei den großen Brennweiten muss die Belichtungszeit deutlich kürzer sein als bei moderaten Brennweiten, damit die Aufnahmen nicht verwackeln. Für die Tour durch das schottische Hochland bei gutem Wetter bringen die Superzooms helle Freude, aber für Sport an bedeckten Tagen oder gar in der Halle brauchen sie hohe ISO-Einstellungen für die extrem kurzen Belichtungszeiten. Auf der anderen Seite wirken Bildstabilisatoren immer besser und die Lichtempfindlichkeit der Sensoren in allen Kameratypen wird permanent verbessert. Bei RAW-Aufnahmen bringt der Einsatz Künstlicher Intelligenz beim Entrauschen erstaunlich gute Ergebnisse. Alles in Allem sind Bildstabilisator und eine gute Rauschentfernung bei hohen ISO-Werten zwar keine Allroundhilfe, aber die Verbesserungen der aktuellen Generation von Objektiven und Sensoren zeigen sich in den Supertele deutlich.
Wer auf der Suche nach einem Superzoom ist, sollte sich neben Brennweitenbereich und Blende die Abkürzungen der Objektive ansehen.
Superzooms sollten einen schnellen Motor haben, damit sie schnell und sicher scharfstellen.
Weitwinkelobjektive
Landschafts- und Architekturfotografie sind die Sphäre der Weitwinkelfotografie, weil man so viel ins Bild setzen kann. Auch für große Gruppen und kleine Feinern in Wohnräumen ist eine kleine Brennweite ein Faktor. Ohne ein Weitwinkelobjektiv müssen wir einen großen Abstand zur Gruppe halten und bekommen von der Geburtstagsfeier nur nur Onkel Paul oder Cousine Marion ins Foto, aber nicht beide.
Weitwinkel mit ihren kleinen Brennweiten bringen Tiefe und starke Perspektiven ins Spiel, weil sie nahe Objekte überproportional groß ins Bild setzen und den Hintergrund stark verkleinern.


Straßenfotografie ist ebenfalls ein Fall für die kleinen Brennweiten, denn auch hier soll die Umgebung eingefangen werden.
Für Porträts sind Weitwinkel nicht unbedingt das Richtige – obwohl Porträts mit einem leichten Weitwinkel sehr plastisch wirken.
Teleobjektive
Teleobjektiv kommen nah ans Motiv, setzen den Fußballer und scheue Rehe groß ins Bild. Aber nicht nur aus solch banal praktischen Gesichtspunkten sind große Brennweiten beliebt.
Sie komprimieren die Szene, holen das Motiv näher zum Betrachter und den Hintergrund näher ans Motiv. Gleichzeitig erscheint der Hintergrund weicher, das Motiv setzt sich besser vom Hintergrund ab.


Weil Teleobjektive weniger Umgebung zeigen, wirken Fotos mit großen Brennweiten ruhiger, die Bildgestaltung ist einfacher. Moderat große Brennweiten sind perfekt für gefällige Porträts, denn auch Gesichter verflachen: Oh, weniger Falten, die Augen liegen weniger tief unter den Augenbrauen, Augenringe verschwinden … Alles was die Werbung von Cremes verspricht, zaubert ein kleines Teleobjektiv.
Teleobjektive haben auch Schattenseiten: Aufnahmen mit großen Brennweiten verwackeln schneller und brauchen darum kürzere Belichtungszeiten.
Festbrennweite
Es mag zwar unbequem wirken, dass man zum Motiv laufen muss, um es größer ins Bild zu setzen, und eine ordentliche Strecke zurücklaufen muss, um möglichst viel ins Bild zu setzen, aber Festbrennweiten (Objektive mit einer festen Brennweite, die nicht zoomen) haben ihren eigenen Reiz.
Zum Einen sind sie kleiner und leichter als Zoomobjektive, auf der anderen Seite reizen sie mit großen Blenden. Die Offenblende oder größte Blende des Objektivs ist neben der Brennweite die besonders wichtige Kenngröße. Große Blenden gewähren uns Fotos ohne Blitz, ohne hohe ISO-Einstellungen bei schwierigem Licht und erzielen bei kleineren Blenden eine besonders feine Schärfe und brillante Farben.


Die Normalbrennweite ist eher dokumentarisch und bringt von sich aus nur wenig räumliche Effekte. Da muss die Bildgestaltung kräftig eingreifen – durch Stapeln und Überlappen, Linienführung und Kontraste.
Seit den Anfängen der Fotografie als Volkshobby ist das 50 mm-Objektiv besonders beliebt: Es ist die preiswerteste unter den Festbrennweiten und offenbart den natürlichsten Charakter. An einer APS-C-Kamera gelten 50 mm auch als schönes Porträtobjektiv.
Festbrennweite vs. Zoomobjektiv
In 99% aller Fälle wird es ein Zoomobjektiv. Zoomobjektive geben einen größeren kreativen Freiraum, der kritische Objektivwechsel fällt seltener an.
Das soll nun aber nicht heißen, dass die Laufarbeit entfällt. Der Wechsel von Perspektive und Standpunkt ist das Tor zur Bildkomposition.
Warum sollte man sich da für eine Festbrennweite entscheiden? Festbrennweiten werden auch als Prime Lens bezeichnet, denn sie bieten die höhere Bildqualität zum kleineren Preis, sie sind leichter und kleiner. Ihr PLus ist eine große Offenblende, meist Blende F2, F1.8 oder größer.