Handykamera vs klassische Kamera

Der Aufstieg der Handyfotografie

Den rasanten Aufstieg der Handyfotografie verdanken Handys dem wunderbaren Auslösen, hochladen, fertig und der stetigen Verbesserung der Qualität ihrer Fotos. Die Hersteller haben schnell begriffen, dass die Kamera des Handys ein wesentliches Argument für den Käufer ist. Sie haben sowohl Sensoren und Objektive als auch die interne Bildverarbeitung mit WUMM voran getrieben.

Wenn wir uns vor fünf Jahren noch gefragt haben, ob Handys der Kompaktkamera das Wasser abgraben, fragen wir uns heute, wann Handys die Qualität der Fotos aus einer Vollformatkamera erreichen.

Die Mankos der Fotos aus der Handykamera / klassischen Kamera

Viele Mankos der Qualität eines Fotos rühren von der fehlenden Leistung des Prozessors in der Kamera, die Aufnahmen direkt automatisch zu korrigieren. Das gilt sowohl für Handykameras als auch für Kameras mit einem großen Sensor. Dazu gehören die optische Verzeichnung, die Abschattung durch die Linse (Vignettierung) und selbst ein unzureichender Kontrast.

Vignettierung
Vignettierung – dunkle Ecken oben rechts und links
Verzeichnung
Tonnenförmige Verzeichnung: Der Rand des Beets biegt sich im Vordergrund
Farbsäume
Chromatische Aberrationen: Farbsäume um feine Strukturen vor dem hellen Himmel
Farbsäume
Farbsäume stören besonders bei Ausschnittvergrößerungen.

Dabei könnten Vignettierung, chromatische Aberrationen sowie die Verzeichnung von Objektiven in einem hohen Ausmaß direkt in der Kamera eliminiert werden. Damit das funktioniert, muss die Kombination von Objektiv und Sensor präzise aufeinander abgestimmt sein. In einem Handy liegt das vollständige System – Sensor, Objektiv und Bildverarbeitung – unter einem Dach. Darüber hinaus greifen Handys auf zusätzliche Informationen wie den Abstand zum Motiv (TOF Time of Flight oder Structured Light) und vielleicht sogar auf den tiefen Hintergrund zurück.

ISO-Rauschen ist unschlagbar, oder?

Was der Handykamera allerdings nicht so recht gelungen ist, ist eine wesentliche Reduzierung des ISO-Rauschens. Sie bekommen in der Belichtungszeit nur einen Bruchteil des Lichts wie ein Vollformatsensor mit und sind darum so anfällig für Rauschen.

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iPhone 4s von 2011
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iPhone 6s von 2015
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iPhone X11 von 2019
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Samsung A50 2019

Die frühen Handykameras litten aufgrund ihrer kleinen Sensoren unter einer geringen Auflösung und starkem Rauschen. Die kleine Pixel leiden unter einem schlechten Signal zu Rauschen-Verhältnis (SNR, signal-to-noise). Sie reagieren auf weniger Photonen und können weniger Elektronen speichern. Die Qualität der Fotos bei hohen ISO-Werten nimmt darum bei Handykameras schneller ab als bei Kameras mit großen Sensoren.

Größere Sensoren im Handy, längere Belichtungszeiten dank der Bildstablisatoren und die Fortschritte der Sensortechnik haben diese Lücke zu den größeren Kameras reduziert, aber die Rauschunterdrückung bleibt die Herausforderung für die kleinen Sensoren.

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still-iphone-s6-600-ausschnitt
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Die Software macht die Qualität

Der Anstieg der Qualität der Fotos vom Handy rührt nicht einfach aus verbesserten Sensoren (schließlich haben auch die großen Sensoren Fortschritte gemacht). Die entscheidenden Faktoren sind die gestiegene Rechenleistung der Smartphones und die daraus resultierende Verbesserung der Bildverarbeitung sowie komplexe Algorithmen der Bildbearbeitung.


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Selbst der APSC-Kamera dürfte es schwerfallen, einen so großen Dynamikbereich vom Wolkenhimmel bis in die dunklen Ecken der Häuserzeile ohne eine HDR-Funktion zu erfassen. Hier hat die interne Software der Handykamera für die ausgewogene Belichtung gesorgt.

Einen großen Beitrag zur Rauschreduzierung liefert der optische Bildstabilisator, der eine längere Belichtungszeit erlaubt. Damit gelangt mehr Licht auf den Sensor, was wiederum das Rauschen reduziert. Die längere Belichtungszeit hilft allerdings nicht bei bewegten Motiven. Also setzen die Handyhersteller auf das Verschmelzen mehrerer Aufnahmen mit Hilfe von Algorithmen zu Vermeidung von Artefakten und Geisterschatten.

Ein größerer Sensor mit Back Side Illumination BSI führt auch zu einer größeren Blende, dann kommen flachere Linsen näher am Sensor, immer mehr Rechenleistung, Bildstabilisator, mehrere Kameras, raffinierte Algorithmen der Bildbearbeitung in einem geschlossenen System aus einer Hand – das zusammengenommen verkleinert den Abstand der Handykamera gegenüber größeren Sensoren mit einem kleineren Cropfaktor.

Die Fortschritte der Bildverarbeitung sehen wir, wenn wir 10 oder 20 Jahre alte RAW-Fotos mit einem RAW-Programm der Gegenwart bearbeiten. Die Software mit den neuen Algorithmen und Automatismen macht einen großen Teil der Verbesserung der Bildqualität aus und holen so manch einen Schnappschuß aus dem virtuellen Schuhkarton des Bildarchivs. Aber mit der Systemkamera oder der Spiegelreflexkamera müssen wir selber zur Bildkorrektur am Rechner greifen.

Natürlich hat sich auch die Technik der Spiegelreflex- und Systemkamera vom Sensor bis zum Autofokus weiterentwickelt. Der gigantische Erfolg der Smartphone beruht weiterhin nicht zuletzt auf "immer dabei, auslösen, hochladen, fertig", jetzt kommt noch die Qualität hinzu. Die beste Kamera ist nun einmal die Kamera, die man immer dabei hat. Währenddessen steht unsere Vollformatkamera bis zum Urlaub im Schrank, dann schleppen wir uns ab und müssen uns mit jedem einzelnen Foto abmühen.