Die große Schärfentiefe
Fotos mit der Kompaktkamera brauchen eine eigene Bildgestaltung und Bildsprache, da sie das Motiv nicht so einfach durch Unschärfe vom Hintergrund trennen wie Kameras mit großen Sensoren. Aber das ist keinesfalls ein Manko, denn gerade die große Schärfentiefe der Kompakten gewinnt durch die klassischen Mittel der Bildgestaltung.
Mit der Kompaktkamera sind die klassischen Tugenden der Bildgestaltung in der Fotografie gefragt: Farbkontrast, Helligkeitskontrast, Größenunterschied und Raumwirkung.
Dann müssen sich die Fotos keinesfalls hinter dem größeren Sensor einer System- oder Spiegelreflexkamera verstecken.

Das Plus und das Manko der Kompaktkamera: die lange Schärfentiefe
Die Kompaktkamera zeigt die Unschärfe hinter dem Motiv nicht so deutlich wie die Spiegelreflexkamera: Die Schärfentiefe der Kompaktkamera reicht viel weiter als die Schärfentiefe aus der Spiegelreflexkamera.
Darum wirken die Fotos aus der Kompakten oft weniger plastisch. Aber die Unschärfe hinter dem Motiv ist nur eines der Mittel der Bildgestaltung. Wer mit der Kompaktkamera fotografiert, kann das Motiv mit Farben, Helligkeit und Größenrelationen hervorheben und die lange Schärfentiefe der Kompaktkamera ausnutzen.




Schärfentiefe – eine Frage des Zerstreuungskreises
Eine ganze Reihe von Faktoren trägt zur Ausdehnung der Schärfentiefe bei: die Blende, die Abbildungsgröße, die Entfernung vom Motiv. Über all diesen klassischen Faktoren dominiert heute der »Zerstreuungskreis«.
Die Größe des Zerstreuungskreises wiederum hängt von der Sensorgröße ab.

Der Ausdruck »Zerstreuungskreis (siehe Wikipedia« oder »Circle of Confusion (COC)« beschreibt, wie groß ein Punkt auf dem Sensor abgebildet werden darf, damit wir ihn in der vergrößerten Aufnahme noch als scharfen Punkt akzeptieren.
Zwar hängt der Eindruck der Schärfe auch von der Bildgröße und dem Betrachtungsabstand ab, aber diese Feinheiten spielen nur eine untergeordnete Rolle.
Der Zerstreuungskreis der Four Thirds-Sensoren wie der Panasonic GX9 und der Olympus Mark III ist doppelt bis dreifach so groß wie der Zerstreuungskreis herkömmlicher Kompaktkameras. Eine »kleine« digitale SLR im APS-C-Format wie die Nikon D5300 hat einen drei bis viermal so großen Zerstreuungskreis.
Die Sensoren vom Typ ONE der hochwertigen Kompaktkameras sind hingegen sind rund vier mal so groß wie die Sensoren der klassischen Kompaktkameras. Sie können das Motiv schon durch eine leichte Unschärfe vom Hintergrund trennen.
Kameratyp | Zerstreuungskreis | |
Vollformat-Sensor |
0,023 - 0,030 | |
APS-C |
0,019 - 0,020 | |
Four Thirds |
0,015 | |
One – Kompaktkamera |
0,011 |
Analoge Kompaktkamera hatten es leichter
So etwas wie die Kompaktkamera gab es beim analogen Film nur in Nischen. Da gab es den Pocketfilm für kleine Pocketkameras und kurz bevor die Digitalkamera sich durchsetzte, kam noch der APS-Film auf den Markt, nach dem die APS-C-Sensoren benannt sind. Einen so kleinen Film wie den Sensor der Kompaktkameras gab es höchstens in der Kravattennadel von James Bond 007.

Heute kitzelt ein winziger Zerstreuungskreis 16 bis 24 Megapixel aus den kleinen Sensoren, damit sich das Foto aus der Kompaktkamera genauso vergrößern lässt wie das Bild aus der Spiegelreflexkamera.

Schärfentiefe der Kompaktkamera: Keine Hilfe von der großen Blende
Zwar haben die Objektive der hochwertigen Kompaktkameras eine große Anfangsblende (z.B. Lumix LX3 mit sagenhafter Anfangsblende F2), aber der kleine Sensor gibt den Ton an und triumphiert über die große Blende.
- Mit der großen Blende und trotzdem langer Schärfe gelingen Fotos bei schwachem Licht mit niedrigen ISO-Einstellungen. Das hält das Rauschen, die farbigen Fehlpixel bei hohen ISO-Einstellungen, bei guten Kompaktkameras in Grenzen.
- Lichtstarke Objektive zeigen brillante Farben und stellen schnell scharf.
- Die große Schärfentiefe gleicht so manches falsches Scharfstellen aus. Obendrein stellen Kompaktkameras von Haus aus zuverlässiger scharf als Spiegelreflexkameras.


Wenn eine Spiegelreflexkamera bei schlechten Lichtverhältnissen das Foto z.B. mit Blende 6.3 erfassen muss, um die nötige Schärfentiefe zu erzielen, reicht die Schärfentiefe der Kompaktkamera bei Blende 3.3 oder 4. Die Spiegelreflexkamera würde nach ISO 800 verlangen, die Kompaktkamera käme mit ISO 200 oder ISO 400 aus.
Auch die Aussage, dass Kompaktkameras so langsam sind, gehört der Vergangheit an. In Punkto Auslöseverzögerung hinken Kompaktkameras der Spiegelreflexkamera kaum noch bis gar nicht nach.