Verrauscht, Verwackelt, Unscharf
HDR – High Dynamic Range – ist mit seiner Farbenvielfalt und dem Aufhellen der tiefsten Ecken ein Hingucker. Selbst die Naturalisten unter den Fotografen können der Versuchung kaum widerstehen: Einmal muss jeder Fotograf eine nächtliche Kulisse oder die malerische Architektur vor einem dramatischen Himmel für das High Dynamic Range-Verfahren – kurz HDR – fotografieren.
Um gleichzeitig Licht in die höllisch schwarzen Ecken zu bringen und die Zeichnung in den Lichtern zu erhalten, braucht das HDR-Foto eine Belichtungsreihe mit zwei, drei oder mehr Aufnahmen. Belichtungsreihen lassen sich an den meisten Spiegelreflex- und Systemkameras, bei den semiprofessionellen Kompakt- und Bridgekameras und selbst am Handy einstellen.
HDR braucht helles Licht und dunkle Schatten
HDR-Fotografie kommt bei einem gleichmäßig hellen Himmel so gut wie gar nicht zur Geltung, ebenso an wolkigen Tagen, wenn es nur wenig Schatten gibt.
Genauso wenig bringt HDR bei gut beleuchteten Objekten vor einem hellen Hintergrund. Nicht etwa, dass die HDR-Technik hier Schaden anrichten könnte, aber einen großen Effekt wird man nicht beobachten.
Vorbereitungen für die HDR-Aufnahme
Belichtungsreihen halten die Blende fest und verändern die Belichtungszeit, um Aufnahmen unterschiedlich zu belichten, ohne die Schärfentiefe zu ändern.
Um einen Ausgangspunkt für die Blendenreihe festzulegen, wird an der Kamera im Programm A oder M die Blende eingestellt, z.B. Blende F6.3 oder F8.
Wenn jetzt die Belichtungszeit geändert wird, zeigt die Kamera entweder anhand der analogen Skala im Sucher oder durch den Wert der Belichtungskorrektur, ob und wie weit die Belichtungszeit von den Messwerten der Belichtungsautomatik der Kamera entfernt ist.
Sobald die Skala im Sucher »0« anzeigt oder das Display keine Abweichung mehr darstellt, ist die Basis-Einstellung für die Belichtungsreihe erreicht.
Die Belichungsreihe kann man wie im Beispiel oben auf 3 Aufnahmen mit je einer Blende Abstand oder auch auf 5 Aufnahmen im Abstand von jeweils einem Blendenschritt programmiert:
-2EV -1EV 0 +1EV +2EV
HDR-Automatik
Gerade für den Anfang lohnt sich der Blick ins Kameramenü (ganz Mutige suchen sogar im Handbuch). Vielleicht hat die Kamera bereits eine HDR-Automatik integriert.
HDR-Falle 1: Schärfe am falschen Platz
Bei wenig Restlicht kann der Autofokus in der HDR-Fotografie die Kamera im wahrsten Sinne des Wortes hinter das Licht führen: Entweder greift der Autofokus gar nicht, wenn das Licht schwach ist und das Motiv gerade in den Autofokusfeldern dunkel ist, oder eines der Autofokusfelder greift sich einen Passanten im Vordergrund und legt die Schärfe zu weit nach vorn. Das Motiv ist dann nicht mehr perfekt scharf.
Spätestens bei Nachtaufnahmen oder Aufnahmen zur Blauen Stunde wird es Zeit für manuelles Scharfstellen. Nach einer Probeaufnahme auf jeden Fall die Schärfe im Display der Kamera mit maximaler Vergrößerung prüfen! Es können schon drei, vier Aufnahmen nötig sein, bis die Schärfe in den einzelnen HDR-Fotos perfekt sitzt.
Die Alternative zum Experimentieren mit der Entfernungseinstellung bei wenig Restlicht oder Available Light ist die hyperfokale Distanz.
Das ist die Entfernung des naheliegensten Punkts, bei dem die Schärfe bei einer Brennweite und einer gegebenen Blende bis Unendlich reicht. Aber auch hier ist Erfahrung beim Einschätzen der Entfernung gefordert.
HDR-Falle 2: Wechselnde ISO-Einstellungen
Für HDR-Fotos muss die ISO-Automatik abgestellt werden – wenn die Einzelbilder mit unterschiedlichen ISO-Werten aufgenommen werden, weist die Serie am Ende unterschiedliche Schärfen auf und selbst der Farbcharakter des Bildes kann sich ändern.
Egal, ob Langzeitaufnahme mit dem Stativ oder aus der Hand bei hohen ISO-Werten fotografiert: Bei allen Aufnahmen für das HDR-Foto sollte der ISO-Wert gleich bleiben. Wenn die Kamera auf dem Stativ steht, darf es wie bei der Nachtfotografie der kleinste ISO-Wert sein.
HDR-Fehler 3: Unterschiedliche Blenden
Im Automatikprogramm und auch im Programm P kann ein lichter Moment dazu führen, dass die Kamera bei einer Aufnahme zu einer größeren oder kleineren Blende greift. Werden die Fotos für die HDR-Serie mit unterschiedlichen Blenden aufgenommen, entsteht jeweils eine andere Schärfentiefe, die dem HDR-Bild am Ende einen unscharfen Charakter verleiht.
Mit der Automatik ist der Fotograf ganz dem Willen der Kamera unterworfen. Besser ist es, die Kamera im Programm A bzw. AV zu nutzen, die Kamera auf eine feste Blende einzustellen und eine Belichtungskorrektur z.B. von -2EV, 0 und +2EV einzustellen.
HDR-Fehler 4: Die offene Blende
Wenn sich ein fester Standort für die Kamera findet oder das Stativ zur Hand ist, darf eine mittlere oder kleine Blende für die HDR-Fotos eingestellt werden.
Bei HDR-Fotos würde eine offene Blende bei den langen Belichtungszeiten nicht nur die Fehler des Objektivs hervorkehren – sie ist auch der Verzicht auf die volle Schärfe des Objektivs.
Ein aufgelöster Hintergrund ist bei Landschafts- und Architekturaufnahmen mit Available Light überflüssig – der Unterschied zwischen dem hellen Motiv und der dunklen Umgebung stellt das Motiv viel besser heraus.
Bei einer mittleren Blende holt die Kamera i.d.R. das Beste aus dem Objektiv und die Schärfe erstreckt sich durch das ganze Bild.
HDR-Falle 5: Aufnahmen ohne Stativ
Natürlich ist es ganz schön lästig, mit einem unhandlichen und schweren Stativ durch die abendliche Stadt zu marschieren – aber obwohl alle HDR-Programme einen kleinen Versatz in den Einzelaufnahmen ausgleichen können, werden Aufnahmen aus der Hand nicht dieselbe grandiose Schärfe liefern wie Aufnahmen vom Stativ.
Ein leichtes Stativ mit mangelhaften Standvermögen lässt sich z.B. durch eine Einkaufstasche aus Leinen und ein paar Steinen stabilisieren, die unterwegs oder vor Ort gesammelt werden.
Eine Mauer oder Parkbank kann als Stativersatz dienen – dann ist ein Fernauslöser unverzichtbar, da die Kamera sonst schon beim Auslösen schnell ein paar Millimeter versetzt wird.
Weiterlesen: Fallen der HDR-Fotografie Teil 2
Externe Quellen
- Aurora 2018 HDR HDR-Fotos zusammenfügen