Fotografieren bei Mittagssonne

Gutes Fotolicht

Ist heller Sonnenschein tatsächlich das beste Fotolicht? Im Sonnenlicht bereitet der Kontrastumfang der Szene der Kamera Probleme: Die dunklen Bereiche des Bildes werden zu tiefstem Schwarz, während die Lichter (die hellen Bildbereiche) schnell zu hell oder sogar weiß werden.

Dem Porträt in der harten Mittagssonne drohen schwarze Schatten unter den Augen und der Nase.

Die Tiefen laufen zu, die Lichter reißen aus

Die meisten Unterbelichtungen entstehen tatsächlich bei hellem Sonnenschein. Viele Digitalkameras belichten immer noch auf 18% Grau – ein Erbe des analogen Films.

Digitale Fotos, in denen ein entgleistes Weiß nicht zu korrigieren ist, werden besser auf die Lichter belichtet – aber das ist ein ganz anderes Kapitel.

Unterbelichtungen bei Sonnenlicht
Unterbelichtungen bei Sonnenlicht: In den Schatten von Gebäuden und Bäumen herrscht tiefstes Dunkel.
Fotowetter
Der schöne Frühlingstag sieht nach Fotowetter aus – aber unsere Kameras sehen das anders
Morgenlicht ohne Kontrast
Im Gegensatz zu den vorangegangen Hochkontrastfotos: Im frühen Morgenlicht fehlt dem Foto der Kontrast.
Mittagssonne mit schwarzen Schatten
Mittagssonne – Höllische Tiefen, gegen die selbst die Lichter-Tiefen-Korrektur machtlos ist.

Tipp 1: Porträts bei Sonnenschein mit Blitz

Bei Motiven in kurzer Entfernung – vor allem Porträts an sonnigen Tagen hilft der Aufhellblitz. Zum Aufhellblitz oder Hilfsblitz wird der Einbaublitz im Programm »P« oder A bzw. AV (Canon-Kameras).

P steht für Programmierbare Automatik. Anders als im Programm »Auto«, der Vollautomatik, versucht der Blitz jetzt nicht mehr, das ganze Bild zu belichten. Stattdessen berechnet die Kamera aus ihrer Lichtmessung eine ganz normale Belichtungszeit (so als wäre der Blitz nicht eingeschaltet). Sie gibt dann einen schwachen Blitz ab, die nur für das fokussierte Motiv bestimmt ist. Diese kleine Portion Blitz hellt z.B. die Schatten im Gesicht auf.

Backlight – Gegenlicht
Backlight – das Licht von hinten mag für den Fotografen Gegenlicht sein …
Einbaublitz bei Gegenlicht
aber der Einbaublitz kann gegensteuern
Fotografieren im Schatten
Der Fotograf muss sich einen Platz im Schatten suchen …
Gegenlicht und Lichtkonturen
und den Lichtschein auf Haaren und Schultern bewußt sehen lernen

Für ein Porträt im Sonnenlicht stellt man den Porträtierten am besten gegen das Licht auf. In den Programmen P und A bzw. AV muss der Blitz mit dem Blitzknopf an der Vorderseite der Kamera geöffnet werden. Das Gegenlicht führt nicht länger zu den scherenschnittartigen dunklen Umrissen bei einem viel zu hellen Hintergrund. Der kleine Hilfsblitz hellt gerade das Motiv leicht auf.

Das Sonnenlicht hinter dem Fotografieren setzt eine schöne Lichterzeichnung um die Köpfe und Haare, die Gesichter liegen im Schatten, so dass keine harten Schatten im Gesicht entstehen. So leicht, dass wir beim Fotografieren kaum das zarte Aufblitzen sehen und das belichtete Foto kaum auf den Hilfsblitz hinweist.

Tipp2: Umrunde dein Motiv

Sonnenlicht bringt Licht und Schatten – das ist klar. Aber so schnell nehmen wir das Spiel von Licht und Schatten mit dem bloßen Auge gar nicht wahr. Unsere Augen sind darauf eingestellt, die Schatten nur am Rande wahrzunehmen.

Wenn das Motiv nicht zu groß ist, umrundet man sein Motiv und ergründet, wie der Lichteinfall von verschiedenen Position aus wirkt. Der Schatten kann den Eindruck von Tiefe und Plastizität vertierten, Schatten können aber auch in höllische Tiefen abfallen. Dafür wird der Betrachter mit vielen Entdeckungen belohnt: Olivenbaum, Weinrebe und Lorbeer, darin dicke Tauben mit Pfaffenhütchen.

Fotografieren mit Backlight
Streiflicht von hinten betont die Konturen
Fotografieren bei hellem Sonnenschein
Auch wenn das alte Mauerwerk hinter dem Brunnen von Sonne beschienen wird: Der Brunnen selber wirkt monoton.

Tipp 3: Belichtungskorrekturen

Alle Kameras haben einen Knopf mit einem Plus/Minussymbol: die Belichtungskorrektur. Die Belichtungskorrektur in Minus-Richtung belichtet das Foto kürzer, so dass es dunkler ausfällt. Belichtungskorrekturen in Minus---Richtung (geschrieben z.B. als -1.3 EV, um 1,3 Blenden unterbelichtet) helfen, wenn das Licht zu rein weißen Löchern im Bild ausreist.

Belichtungskorrektur in Plus-Richtung hellen das Bild insgesamt durch eine längere Belichtungszeit auf. Eine Korrektur in Plus-Richtung hilft gegen dunkle Ecken im Schatten.

Belichtungskorrektur: -2EV
Der helle Sonnenschein ist eine gute Gelegenheit, mit der Belichtungskorrektur zu experimentieren: -2EV
Belichtungskorrektur -1EV
Belichtungskorrektur -1EV: Das fehlt schon die kontraststarke Wiedergabe aus dem Foto zuvor
Ohne Belichtungskorrektur
Ohne Belichtungskorrektur

Die Belichtungskorrektur ist nicht DAS Mittel, um den hohen Kontrastumfang bei Sonnenschein in den Griff zu bekommen. Belichtungskorrekturen hellen das ganze Bild auf oder dunkeln das ganze Bild ab.

Tipp 4: Belichten mit dem Histogramm

Wenn das Display der Kamera beim hellen Sonnenlist noch ausreichend kontraststark ist, um die Szene vor dem Objektiv anzuzeigen, kann das Foto auf die Lichter belichtet werden.

Dafür wird im Menü der Kamera das Histogramm aktiviert. Die Lichter des Bildes sollten bis zum Weiß reichen, aber im Weiß dürfen sich keine »Peaks« bilden. Wenn das Weiß vollkommen bis an den rechten Rand des Histogramms reicht und dort einen hohen Ausschlag zeigt, entstehen weiße Löcher im Bild. Das Weiß sollte aber auch nicht vor dem rechten Rand enden.

Tipp 5: Tiefen-Lichter-Korrektur in der Bildbearbeitung

Wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, hat die Bildbearbeitung heute raffinierte Werkzeuge zum Aufhellen der dunklen Schatten und kann auch noch Zeichnung aus dem fahlen Himmel locken. In Darktable heißt das Modul Schatten Spitzlicht-Korrektur, in Photoshop Tiefen-Lichter-Korrektur. Adobe Lightroom hat vier Regler in der Tonwertkorrektur: Lichter, Tiefen, Weiß und Schwarz. Sie dunkeln zu helle Bereich ab und hellen die tiefen Schatten auf.